Stadtnachrichten | Redaktion

Siemianowice sagt „Danke“

Es ist nun einige Wochen her, da erhielt die Stadt Köthen (Anhalt) einen bewegenden Brief aus der langjährigen Partnerstadt Siemianowice, im Süden Polens. Der Angriffskrieg Russlands gegen die Ukraine hatte sprichwörtlich „über Nacht“ mehrere tausend ukrainische Geflüchtete vor die Tore der der Stadt im ehemaligen Oberschlesien geführt. Keine Frage, polnische Bürgerinnen und Bürger sind nicht nur für ihre endlose Gastfreundlichkeit bekannt. Die Hilfsbereitschaft der Menschen in Siemianowice und den angrenzenden Städten ist zweifellos eine Selbstverständlichkeit unserer polnischen Partner.

So stellte sich in den ersten Tagen des Kriegsausbruchs in der benachbarten Ukraine also nicht die Frage, wann die Geflüchteten wohl wieder die Reise gen Heimat antreten würden, sondern wie können wir langanhaltend helfen und den Geflüchteten ein Zuhause auf bislang unbestimmte Zeit bieten?

Genau wie in Köthen (Anhalt), öffneten viele der Bewohner Siemianowices ihre Wohnungen und Häuser für ukrainische Staatsangehörige, deren Heimat von Krieg und Gräueltaten dominiert wird. Hinzu kam ein erhöhter Bedarf nach Alltagsutensilien. So stellten die Mitarbeiter*innen des Krisenstabes des städtischen Rathauses schnell fest, dass Siemianowice sehr bald an die Grenzen der Machbarkeit stoßen würde. Neben den nötigen finanziellen Mitteln, um „über Nacht“ beinahe 5.000 Kriegsgeflüchteten neben einem neuen Zuhause auch die nötige gesellschaftliche Integration zu ermöglichen, fehlte es sehr bald auch an Verbrauchsmaterialien des täglichen Lebens. „Wir haben sehr schnell gemerkt, dass es uns an Dingen fehlt, die wir im Alltag als selbstverständlich sehen“ erzählt Michal Czaja, der Krisenmanager Siemianowices. „Es fehlte uns von einem Tag auf den anderen an Hygieneartikeln, Babynahrung oder Bettzeug“ erklärt er weiter. Zwar haben die zahlreichen Privathaushalte, die ihre Türen für obdachsuchende Geflüchtete öffneten, vieles bereits aus Eigenbeständen decken können, aber die reichen bekanntlich auch nicht ewig. „Wir brauchten einfach die Unterstützung unserer Partner“ heißt es vom Krisenmanager weiter.

Und die Köthener haben, im wahrsten Sinne des Wortes, geliefert. Neben großzügigen Geldspenden, war die Stadt im Juni in der Lage, einen LKW mit 18 Tonnen Hilfsgütern für den täglichen Bedarf für Groß und Klein, in die südpolnische Stadt zu liefern. Dank der Gebefreudigkeit aller Spendenden und dem unermüdlichen Einsatz der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Sanitätsschule Raymond Schulz in Köthen (Anhalt), haben alle Spenden ihr Ziel sicher und heil erreicht. Enthalten waren, neben haltbaren Konserven und Hygieneartikeln, auch eine Menge großer Taschen. „Einige der Geflüchteten, besonders die in der Westukraine lebenden Bürger, haben Siemianowice bereits nach einigen Wochen wieder verlassen. Andere sind in Länder, wie Deutschland, Großbritannien oder auch Schweden weitergezogen“ erklärt Michal Czaja, der sich um die Ukrainehilfe der Stadt kümmert. „So ziemlich alle kamen mit dem, was sie bei der Flucht aus der Ukraine tragen konnten. Häufig waren alle Habseligkeiten in Beuteln verstaut. Uns fehlte es an Taschen und Koffern mit viel Stauraum. Häufig brauchten die Menschen Wechselsachen und einen kleinen Essensvorrat oder Spielzeug für die Kinder. So etwas passt nicht einfach in einen Beutel. Das wäre für die Weiterreise völlig ungeeignet gewesen“ fährt der Krisenmanager fort.

Das Spendenlager ist nun, dank der weltweiten Hilfsbereitschaft gut gefüllt und für alle Eventualitäten gerüstet. Pawel Cwalina, Mitarbeiter der Öffentlichkeitsarbeit der Stadtverwaltung in Siemianowice ist begeistert, nicht nur von der internationalen Spendenbereitschaft, sondern auch davon, wie sehr alle Spendenden mitdenken. Nicht alle Dinge bleiben in Siemianowice. „Vor Kurzem kam hier eine große Kiste voller Schlafsäcke an. Die senden wir in der kommenden Woche weiter in die Ukraine. Die sollen die Soldaten an der Front bekommen. Und gerade letzte Woche gab es eine Lieferung „Powerbanks“ (mobile Ladegeräte für Handys). Einige von denen sind sogar mit Solarmodulen ausgestattet. Die gehen ebenfalls an die kämpfenden Soldat*innen an der ukrainischen Front.“

Aber auch für die, in Siemianowice gebliebenen, Geflüchteten reißt das Hilfsangebot nicht ab. „Die ukrainischen Bürger*innen können einfach herkommen, sie tragen sich in eine Liste ein und markieren, woran es Ihnen an meisten fehlt. Das können sie dann hier bei uns im Lager bekommen“ führt der Pressebeauftragte der Stadt weiter an. Dazu gibt es einmal die Woche ein Angebot zur Ausgabe frischer Lebensmittel, gleichbedeutend mit den Diensten „Der Tafel“.

„Dank der Hilfsbereitschaft und der Großzügigkeit der Bewohner unserer Partnerstadt, können wir zahlreichen weiteren Hilfesuchenden hier und an der ukrainischen Front helfen. Es bedeutet uns sehr viel zu wissen, dass wir in Krisen alle zusammenstehen“ heißt es aus dem Rathaus in Siemianowice.

„Partnerschaftliche Aktivität bedeutet für uns nicht nur, die schönen Seiten der Freundschaft zu einer Stadt zu genießen, wovon es in der Vergangenheit kulturell einige gab. Ich denke da an gegenseitige Besuche oder die Zusammenwirkung unter Vereinen beider Städte. Auch in Krisenzeiten stehen wir zu unseren polnischen Partnern. Und wenn Siemianowice nach Hilfe ruft, dann muss man die Stadt Köthen (Anhalt) nicht zweimal bitten. Unsere Bürgerinnen und Bürger haben Erstaunliches geleistet und darauf können wir alle sehr stolz sein“ lobt Oberbürgermeister Bernd Hauschild.

28.07.2022
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